Die Fachgesellschaft Pflegegeschichte begrüßt die Verabschiedung des Pflegeberufereformgesetzes und bittet, bei der Zusammensetzung der Fachkommission zur Erarbeitung von Rahmenplänen (§ 53) berücksichtigt zu werden.
Derzeit ist Geschichte nur in den Rahmenlehrplänen der Altenpflegeausbildung bundesweit fest verankert. Bei der Zusammenführung zum einheitlichen Berufsbild sollte an den bisherigen Stellenwert von Geschichte in der Altenpflegeausbildung angeknüpft werden.
Die wichtigste Funktion von Geschichte in der beruflichen und hochschulischen Pflegeausbildung liegt in der Anbahnung und Förderung von Kompetenzen zum Verstehen der historischen Dimension des beruflichen Selbstverständnisses und des lebensgeschichtlichen und kulturellen Kontextes der zu Pflegenden. Wir knüpfen an folgende Paragraphen des Pflegeberufereformgesetzes an: § 5, Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 (a) und (f), Abs. 4 und § 37, Abs. 2 und Abs. 3 (2) und (4).
Bezogen auf fachliche Kompetenzen sollen die Auszubildenden und Studierenden Folgendes können:
– die historische und kulturelle Dimension in ihr pflegerisches Handeln integrieren,
– das pflegerische Selbstverständnis als historisch geprägt und veränderbar erkennen,
– „Gesundheit“, „Krankheit“ und „Behinderung“ sowie den Umgang damit als historisch, kulturell und gesellschaftspolitisch bedingt verstehen,
– Bewusstsein für generationenspezifische Erfahrungen der zu Pflegenden und deren Relevanz für den Pflegeprozess erlangen.
Bezogen auf methodische Kompetenzen sollen die Auszubildenden und Studierenden Folgendes können:
– historische Bedingtheit und Begrenztheit pflegerischen Wissens erkennen,
– Biographiearbeit im historischen Kontext verstehen und anwenden,
– für die hochschulische Ausbildung gilt besonders: pflegewissenschaftliche Erkenntnisse historisch-kritisch hinterfragen.
Bezogen auf personale Kompetenzen soll durch die Vermittlung von Geschichte Folgendes angebahnt werden:
– Stärkung des beruflichen Selbstverständnisses
– historisch reflektiertes Berufsethos
– Selbstwahrnehmung als historisches Subjekt
– Selbstreflexivität (Historizität und Kontextualisierung pflegerischen Handelns)
– Selbstkritik (Funktion und Funktionalisierbarkeit von Geschichte)
– Einfühlungsvermögen (Verständnis des lebensgeschichtlichen Kontextes der zu Pflegenden)
– Respekt und Toleranz (historisch-gesellschaftlich bedingte Relativität pflegerischen Wissens)
Die genannten Kompetenzen können durch die Auseinandersetzung mit unter anderem folgenden Themen angebahnt und erworben werden:
Pflege und Beruf
– Professionalisierung (z. B. Berufsorganisationen, Spezialisierung)
– Verhältnis zu anderen Gesundheitsberufen
– Behandlungsmethoden, Pflegekonzepte und -modelle
Pflege und Individuum
– Verhältnis von Pflegenden und zu Pflegenden
– Zeit- und Alltagsgeschichte
– Körperbilder (Körper, Leib und Seele, Ganzheitlichkeit, Menschenbild)
Pflege und Gesellschaft
– Pflegerische Settings
– Gewalt (Nationalsozialismus, Psychiatrie, Disability History)
– Ökonomisierung und Technisierung
Pflege und Wissenschaft
– Akademisierung
– Standardisierung
– Bezugswissenschaften