Feb. 2, 2018
Die Fachgesellschaft Pflegegeschichte begrüßt die Verabschiedung des Pflegeberufereformgesetzes und bittet, bei der Zusammensetzung der Fachkommission zur Erarbeitung von Rahmenplänen (§ 53) berücksichtigt zu werden.
Derzeit ist Geschichte nur in den Rahmenlehrplänen der Altenpflegeausbildung bundesweit fest verankert. Bei der Zusammenführung zum einheitlichen Berufsbild sollte an den bisherigen Stellenwert von Geschichte in der Altenpflegeausbildung angeknüpft werden.
Die wichtigste Funktion von Geschichte in der beruflichen und hochschulischen Pflegeausbildung liegt in der Anbahnung und Förderung von Kompetenzen zum Verstehen der historischen Dimension des beruflichen Selbstverständnisses und des lebensgeschichtlichen und kulturellen Kontextes der zu Pflegenden. Wir knüpfen an folgende Paragraphen des Pflegeberufereformgesetzes an: § 5, Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 (a) und (f), Abs. 4 und § 37, Abs. 2 und Abs. 3 (2) und (4).
Bezogen auf fachliche Kompetenzen sollen die Auszubildenden und Studierenden Folgendes können:
– die historische und kulturelle Dimension in ihr pflegerisches Handeln integrieren,
– das pflegerische Selbstverständnis als historisch geprägt und veränderbar erkennen,
– „Gesundheit“, „Krankheit“ und „Behinderung“ sowie den Umgang damit als historisch, kulturell und gesellschaftspolitisch bedingt verstehen,
– Bewusstsein für generationenspezifische Erfahrungen der zu Pflegenden und deren Relevanz für den Pflegeprozess erlangen.
Bezogen auf methodische Kompetenzen sollen die Auszubildenden und Studierenden Folgendes können:
– historische Bedingtheit und Begrenztheit pflegerischen Wissens erkennen,
– Biographiearbeit im historischen Kontext verstehen und anwenden,
– für die hochschulische Ausbildung gilt besonders: pflegewissenschaftliche Erkenntnisse historisch-kritisch hinterfragen.
Bezogen auf personale Kompetenzen soll durch die Vermittlung von Geschichte Folgendes angebahnt werden:
– Stärkung des beruflichen Selbstverständnisses
– historisch reflektiertes Berufsethos
– Selbstwahrnehmung als historisches Subjekt
– Selbstreflexivität (Historizität und Kontextualisierung pflegerischen Handelns)
– Selbstkritik (Funktion und Funktionalisierbarkeit von Geschichte)
– Einfühlungsvermögen (Verständnis des lebensgeschichtlichen Kontextes der zu Pflegenden)
– Respekt und Toleranz (historisch-gesellschaftlich bedingte Relativität pflegerischen Wissens)
Die genannten Kompetenzen können durch die Auseinandersetzung mit unter anderem folgenden Themen angebahnt und erworben werden:
Pflege und Beruf
– Professionalisierung (z. B. Berufsorganisationen, Spezialisierung)
– Verhältnis zu anderen Gesundheitsberufen
– Behandlungsmethoden, Pflegekonzepte und -modelle
Pflege und Individuum
– Verhältnis von Pflegenden und zu Pflegenden
– Zeit- und Alltagsgeschichte
– Körperbilder (Körper, Leib und Seele, Ganzheitlichkeit, Menschenbild)
Pflege und Gesellschaft
– Pflegerische Settings
– Gewalt (Nationalsozialismus, Psychiatrie, Disability History)
– Ökonomisierung und Technisierung
Pflege und Wissenschaft
– Akademisierung
– Standardisierung
– Bezugswissenschaften
Feb. 1, 2018
Zum Thema
Zur Entwicklung eines beruflichen Selbstverständnisses von Pflegenden gehört es, die historischen Dimensionen pflegerischen Handelns zu verstehen. Die berufliche Gegenwart als historisch geprägt zu erkennen, heißt auch, sie als veränderbar wahrzunehmen. In vielen Ausbildungsrichtlinien für die Pflegeberufe ist Geschichte der Pflege deshalb fest verankert. Schülerinnen und Schüler sollen mit geeigneten Unterrichtsmethoden, wie z.B. Arbeit mit schriftlichen Quellen oder Objekten, an die Geschichte ihres Berufes herangeführt werden. Doch wie kann dies fachlich auf dem Stand der Forschung und interessant gestaltet werden?
Veranstaltungsinhalte
Ziele
Pflegegeschichte ist ein schnell wachsendes, innovatives Forschungsgebiet. Das Seminar soll Wege aufzeigen, wie Pflegegeschichte, nah orientiert an aktuellen Forschungsfragen, unterrichtet werden kann.
Inhalte
Das Seminar bietet zunächst einen Überblick über Themengebiete der aktuellen Forschung zur Geschichte der Pflege im 19. und 20. Jahrhundert. Zudem wird ein Werkzeugkoffer aus Lehrmethoden und inhaltlichen Bausteinen bereitgestellt, so dass die Teilnehmenden in die Lage versetzt werden, in lebendiger und fachlich fundierter Weise Geschichte der Pflege zu unterrichten.
Themenschwerpunkte
- Pflegeverständnis und Pflegealltag im 19. und 20. Jahrhundert
- Objektzentriertes Lehren
- Zeitzeugeninterviews
- Pflegeethik in der Geschichte
Zielgruppe
Berufspädagoginnen und -pädagogen an Fachschulen für Pflege- und Gesundheitsberufe, Lehrende an Berufskollegs im Schwerpunkt Gesundheit und weitere Interessierte.
Zusatzinfos
Das Seminar bietet einen „Werkzeugkoffer“ zum Unterricht der Pflegegeschichte mit Themen, Quellen und Methoden für die Lehrpraxis.
Für dieses Seminar erhalten beruflich Pflegende, die sich registrieren lassen, Fortbildungspunkte (s. Infolink)
Rahmendaten der Veranstaltung |
Veranstalter: |
Fachhochschule Münster Fachbereich Gesundheit Referat Weiterbildung |
Veranstaltungsart: |
Fortbildungsseminar |
Unterrichtsstunden: |
8 |
Teilnehmerzahl: |
22 |
Teilnahmeentgelt: |
144,00 € (inklusive Skript und Erfrischungsgetränke) |
Teilnahmebedingungen: |
Download der Teilnahmebedingungen |
Ansprechpartner, Dozenten, Referenten und Seminarleitung
Dozent
- PD Dr. phil. Karen Nolte, Privatdozentin und Akademische Rätin am Institut für Geschichte der Medizin in Würzburg mit dem Lehr- und Forschungsgebiet Medizingeschichte und Pflegegeschichte
- Prof. Dr. phil. habil. Susanne Kreutzer, Hochschullehrerin am FB Gesundheit der FH Münster mit dem Lehr- und Forschungsgebiet Ethik, Wissenschaftstheorie und Geschichte
Veranstaltungsort
- Deilmann Haus I
Johann-Krane-Weg 21
48149 Münster
- Raum: Deilmannhaus 21, Raum 121
Termin(e), Uhrzeiten |
1. Februar 2018 |
09:00 – 17:00 Uhr |
Dez. 15, 2017
Eine „Fotogeschichte der Pflege“? – Fotografie als pflegehistorische Quelle
Fotografie kommt in pflegehistorischen Forschungsarbeiten meist als bloße Illustration der aus der schriftlichen Überlieferung herausgearbeiteten Analysen zum Einsatz. Der diesjährige Workshop der GAHN, der am 10. Juni 2017 in der Fliedner Kulturstiftung in Kaiserswerth stattfand, widmete sich den Chancen der Fotografie als pflegehistorischer Quelle. Damit schloss die GAHN an den Workshop des Vorjahres zur „Visual History“ an, richtete den Blick nun aber ausschließlich auf das Medium der Fotografie.
Fotografie ist als kulturelles, politisches, ästhetisches und soziales Phänomen zu begreifen. Pflege erscheint in diesen Quellen visueller Geschichte im Kontext der Institutionen, in denen Pflegende als Akteur*innen oder Statist*innen in einem jeweils spezifischen Setting fotografisch inszeniert werden. Auch haben Pflegende sich selbst mit privaten Fotos oder in Fotoalben überliefert, die als visuelle Selbstzeugnisse gelesen werden können. Auf der anderen Seite der Linse waren Pflegende als Fotograf*innen tätig, so z. B. während ihres Einsatzes im Ersten und Zweiten Weltkriegs. Auch die Frage nach den Produzent*innen und ihrer spezifischen Perspektive stellt also eine mögliche Fragestellung an das (pflege-) historische fotografische Material dar.
In dem Workshop wurden Impulsreferate zur Methodik einer „Fotogeschichte der Pflege“ einerseits und Forschungen mit fotografischem Material anderseits präsentiert und diskutiert. Einleitend stellte Annett Büttner (Archiv der Fliedner Kulturstiftung, Kaiserswerth) zunächst die Fotosammlung der Fliedner-Kulturstiftung vor, die vor allem aus Beständen der Familie Fliedner und der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der Kaiserswerther Diakonie gebildet wurde. Eine systematische Erwerbung liegt ihr nicht zu Grunde. Im 19. Jahrhundert herrschten im Bereich der Kaiserswerther Diakonie graphische Darstellungen vor, die vor allem zu PR-Zwecken entstanden sind, um einen breiten Spenderkreis anzusprechen. Mit der Durchsetzung der Fotografie in der zweiten Jahrhunderthälfte sind zunehmend Porträts von Diakonissen und leitenden Mitarbeiter*innen zu finden, jedoch noch immer keine realitätsnahen Abbildungen aus dem Pflegealltag. Ab der Wende zum 20. Jahrhundert wurde auch die Pflege und Sozialarbeit zunehmend durch Fotografien dargestellt, die jedoch stark formalisiert und inszeniert waren. Die Fotos sagen mehr über die Intentionen der Auftraggeber als über tatsächliche Pflegeverrichtungen aus, und die Pflegenden agierten mehr als Statist*innen denn als Akteur*innen. Erst ab den 1970er Jahren finden sich sogenannte „Schnappschüsse“, die den Alltag in der Pflege annähernd realistisch darstellen.
Birgit Seemann (Forschungsschwerpunkt Jüdische Pflegegeschichte, FH Frankfurt) präsentierte Fotomaterial aus dem Forschungsprojekt zur jüdischen Krankenpflege in Frankfurt am Main. Der Fokus lag auf Personenfotos von Pflegenden und Gepflegten Frankfurter jüdischer Institutionen und des Vereins für jüdische Krankenpflegerinnen. Seemann betonte, dass im Kontext „visueller Erinnerungspolitik“ (Gerhard Paul) die bislang aufgefundenen Fotos trotz häufiger Materialschäden auch im Hinblick auf die pflegehistorische Forschung oft die letzten Spuren jüdischen Lebens und Überlebens seien.
Karen Nolte (Institut für Geschichte der Medizin der Universität Würzburg) zeigte in ihrem Vortrag „Fotografien und Spurensuche zur Geschichte der Schwesternnarkose“, wie Fotografien als wichtige Quellen dienen können, um Praktiken von Narkoseschwestern in Deutschland bis in die 1950er Jahre zu rekonstruieren. Sie wies besonders darauf hin, dass Zeichnungen auf der Basis von zuvor verwendeten Fotografien in Krankenpflegelehrbüchern eingesetzt wurden, um Praktiken zu verdeutlichen. In deutschen Darstellungen zur Geschichte der Anästhesie werden Fotografien von Tropfschwestern verwendet, um die Rückschrittlichkeit der von Pflegenden bis in die 1950er eigenständig eingeleiteten Einatmungsnarkose zu dokumentieren.
Okt. 1, 2017
„Bads“ in healthcare. Negative experience as an impetus to reform in nineteenth and twentieth centuries.
Europäische Tagung in englischer Sprache der Swiss Society of the History of Health and Nursing (GPG-HSS)
In Zusammenarbeit mit der European Association for the History of Nursing (EAHN) und dem European Journal for Nursing History and Ethics (ENHE)
Datum: 21./22. Juni 2018
Ort: Departement Gesundheit, ZHAW in Winterthur.
Call for Papers (Download ): Deadline: 30. November 2017 (verlängert bis zum 20. Dezember 2017)
Keynotes:
Professor Christine Hallet PhD. Director of the UK Centre for the History of Nursing and Midwifery, University of Manchester.
PD Dr. phil. Karen Nolte, M. A. Institut für Geschichte der Medizin, Universität Würzburg, ab. 1. 2. 2018 Professorin für Geschichte und Ethik der Medizin, Universität Heidelberg.
Es besteht die Möglichkeit, sich für eine Publikation zum Konferenzthema im ENHE zu bewerben. Call for Abstracts s. https://eahn.eu/. sowie https://gpg-hss.ch/
Weitere Informationen: Prof. Dr. Susanne Kreutzer: kreutzer@fh‐muenster.de und PD Dr. Karen Nolte: karen.nolte@uni‐wuerzburg.de – auch hier wird die Deadline bis zum 20. Dezember 2017 verlängert
Vortragsvorschläge können unabhängig von einer späteren Publikation in der Zeitschrift eingereicht werden, umgekehrt können Vorschläge für einen Zeitschriftenartikel eingereicht werden, ohne an der Tagung teilzunehmen.
Juni 10, 2017
Am Samstag, den 10. Juni 2017 fand der 4. Workshop der Fachgesellschaft Pflegegeschichte in Kaiserswerth statt.

10. Juni 2017 in Kaiserswerth
Ort: Fliedner-Kulturstiftung Kaiserswerth, Zeppenheimer Weg 20, 40489 Düsseldorf
Eine „Fotogeschichte der Pflege!?“ – Fotografie als pflegehistorische Quelle
Programm:
11.00 – 11.45 Begrüßung und Input zu den Fachtexten
Textgrundlage für alle Teilnehmende:
Cord Pagenstecher: Private Fotoalben als historische Quelle, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 6 (2009), S. 449–463. (http://www.zeithistorische-forschungen.de/16126041-Pagenstecher-3-2009)
Hilary Roberts: Der weibliche Blick: Britinnen fotografieren im Ersten Weltkrieg, in: Fotogeschichte 2014/34, Heft 134, S. 7–18
11.45 – 12.15 Dr. Annett Büttner (Düsseldorf): Einführung in die Fotobestände des Archivs der Fliedner Kulturstiftung
12.15 – 13.00 Dr. Birgit Seemann (Frankfurt a. M.): Frankfurter jüdische Pflegegeschichte in Fotografien: Wege zu einer Visual History der deutsch-jüdischen Pflege
13.00 – 13.45 Mittagspause
13.45 – 14.30 PD Dr. Karen Nolte (Würzburg): Fotografien und Spurensuche zur Geschichte der Schwesternnarkose
14.30 – 14.45 Abschluss
15.00 Uhr Mitgliederversammlung der Fachgesellschaft Pflegegeschichte
Mai 16, 2017
Stellungnahme der Fachgesellschaft Pflegegeschichte zur ARD-Krankenhausserie über die Charité
Erschienen am 16. Mai 2017 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

Foto: Fachgespräch? Ramona Kunze-Libnow (links) als Oberin Martha und Alicia von Rittberg als Ida in „Charité“. [(C) ARD/Nik Konietzny]
Die ARD-Serie „Charité“, die im April im ersten Programm lief, erfreute sich beim Publikum großer Beliebtheit. Mit etwa 25 Prozent Marktanteil nahmen viele Zuschauer – und nicht nur die älteren Semester unter ihnen – Anteil an den Geschehnissen in dem weltberühmt gewordenen Krankenhaus mit seinen Protagonisten. Was aus ärztlicher Sicht gut recherchiert sein mag, entpuppte sich für all jene, die sich gegenwärtig und auf historischem Gebiet mit Pflege befassen als unliebsame Überraschung: Die Darstellung des Pflegepersonals ist verheerend – nicht nur, weil sie den historischen Verhältnissen im 19. Jahrhundert widerspricht, sondern weil sie ein Bild von Pflege als unqualifiziert weiblicher Gabe fortschreibt, das zu keiner Zeit der Bedeutsamkeit pflegerischer Arbeit gerecht wird und Pflegenden bis heute schadet.
Den vollständigen Artikel finden Sie unter folgendem Link:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/grundsatzkritik-an-der-ard-serie-charite-15007641.html